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Seniorenkompass

Investieren oder sparen? Ein Blick auf das Vorsorgeverhalten von Schweizer Best Agers

veröffentlicht am 11. Dezember 2025  (Bildquelle: Envato/stockimagefactory)

Es gibt Momente im Leben, in denen Zahlen plötzlich mehr sind als Zahlen. Das Pensionskassenkapital gehört definitiv dazu. Auf einmal liegt da ein Betrag auf dem Konto, der für viele nicht einfach Geld ist – sondern ein halbes Leben Arbeit, Verzicht und vor allem Sicherheit fürs Alter. Und genau an dieser Stelle passiert etwas Spannendes: Menschen, die vorher völlig entspannt in ETFs, Fonds oder Aktien investierten, werden plötzlich vorsichtig. Sehr vorsichtig.

Studien zeigen: Wir Schweizerinnen und Schweizer investieren heute so viel wie nie zuvor – aber beim grossen Betrag aus der Altersvorsorge zögern viele. Und das hat weniger mit Rendite zu tun, sondern mit etwas viel Menschlicherem.

So investitionsfreudig sind die Babyboomer heute wirklich

Die Studie zum Anlegen und Vorsorgen der HSLU zeigt klar: Die Generation 50+ ist grundsätzlich nicht anlagefern.
Rund 62 Prozent der Babyboomer investieren in Wertschriften. Damit sind sie deutlich aktiver, als das Klischee vermuten lässt. Vor der Pensionierung investieren 58 Prozent, nach der Pensionierung steigt der Anteil auf 63 Prozent.

Allerdings beziehen sich diese Zahlen auf das allgemeine Wertschriften­verhalten und nicht direkt auf Pensionskassen- oder Säule-3a-Guthaben. Gerade beim Kapitalbezug aus der 2. Säule wird deutlich vorsichtiger investiert: Ein Teil des bezogenen Kapitals bleibt oft auf dem klassischen Sparkonto liegen, anstatt vollständig in Anlagen zu fliessen.

Grosse Vorsorgebeträge bleiben oft auf dem Konto

Mehrere aktuelle Analysen bestätigen dieses Bild:

Die Studie von ValueQuest (2025) zeigt, dass ein grosser Teil des ausbezahlten Vorsorgevermögens zunächst auf klassischen Bankkonten "geparkt" wird. Dort bleibt es oft mehrere für Monate oder noch länger. Die Befragten geben an, grosse Summen zuerst verarbeiten zu wollen, bevor sie Anlageentscheide treffen.

Das Raiffeisen Vorsorgebarometer 2025 kommt zum gleichen Schluss: Rund 35 Prozent des ausbezahlten Vorsorgekapitals bleiben langfristig uninvestiert. Nur etwa ein Drittel fliesst direkt in Wertschriften.

Und im AXA Ruhestandsmonitor 2025 geben 41 Prozent an, ein Pensionskassenkapital primär für die laufenden Kosten nutzen zu wollen – nicht zur Vermögensanlage. Nur 36 Prozent würden aktiv investieren.

Verlustangst & Verantwortung: Die wahren Gründe für das Parkverhalten

Sobald Menschen ihr Pensionskassenkapital ausbezahlt bekommen, verändert sich ihre Risikowahrnehmung. Es ist nicht mehr "normales Erspartes" sondern das Lebenswerk, die Altersabsicherung und das Sicherheitspolster.

Drei psychologische Faktoren dominieren:

1. Grössere Summen = grössere Verantwortung

Ein Betrag von mehreren Hunderttausend Franken löst ein anderes Bauchgefühl aus als 5’000 Franken im ETF-Sparplan.

2. Angst vor Fehlern

Viele fürchten, mit einer schlechten Anlageentscheidung einen irreversiblen Fehler zu machen – insbesondere, weil sie wissen: Es kommt kein neues Erwerbseinkommen mehr nach.

3. Wunsch nach Kontrolle und Ruhe

Viele fühlen sich wohler, wenn das Kapital auf dem Konto "sichtbar" ist und nicht in einer volatilen Anlage steckt. 

Warum das Geld auf dem Konto langfristig keine Sicherheit bietet

Viele Menschen lassen ihr Pensionskassenkapital auf dem Sparkonto liegen – aus Angst, etwas falsch zu machen. Diese gefühlte Sicherheit ist in Wirklichkeit jedoch ziemlich trügerisch.

Sparkonten schützen zwar vor kurzfristigen Schwankungen, aber nicht vor Kaufkraftverlust. Die Inflation arbeitet leise, aber zuverlässig gegen das Kontoguthaben. Wenn die Preise jedes Jahr um 1–2 Prozent steigen (und teilweise mehr), während das Sparkonto vielleicht 0.01–0.5 Prozent Zins bringt, verliert das Geld real an Wert. Und zwar Jahr für Jahr.

Hinzu kommt: Wer 20, 25 oder 30 Jahre Pension vor sich hat, braucht sein Kapital nicht sofort. Das heisst, ein Teil davon könnte langfristig durchaus investiert werden – und zwar dort, wo Rendite entstehen kann. Historisch betrachtet haben breit diversifizierte Anlagen wie globale Aktienfonds oder ETF auf lange Sicht deutlich höhere Renditen erzielt als jedes Sparkonto.

Wie Pensionierte ihr Kapital sinnvoll nutzen können

Der emotionale Druck, alles richtig zu machen, ist verständlich. Gerade in der heutigen Zeit, die von Unsicherheit geprägt ist, möchte man sein wohlverdientes Geld nicht aufs Spiel setzen. Gleichzeitig zeigen Erfahrungswerte, dass es Wege gibt, mit dem Kapital wohldosiert und langfristig umzugehen:

  • Schrittweise investieren, statt alles auf einmal

  • Liquiditätsreserve definieren

  • Finanzplanung vorab simulieren

  • Anlagehorizont realistisch einschätzen

  • Beratung nutzen, bevor grosse Entscheide fallen

Vorsicht vor dubiosen Investments

Gerade rund um Pensionierung und grössere Kapitalbezüge tauchen unzählige Angebote auf, die hohe Sicherheit, aussergewöhnliche Renditen oder exklusive Chancen versprechen. Leider haben genau solche Versprechen schon vielen Menschen erhebliche finanzielle Schäden zugefügt.

Wie man in riskante Anlagen hineingeraten kann

Wenn plötzlich ein grösseres Kapital auf dem Konto liegt, entsteht oft ein Gefühl, etwas daraus machen zu müssen. Gleichzeitig fehlt vielen das Vertrauen in klassische Banken oder Wertschriften, weshalb Alternativen attraktiv erscheinen können. Unseriöse Anbieter nutzen diese Unsicherheit gezielt aus.

Typische Warnsignale von dubiosen Investments sind beispielsweise:

  • Garantieprodukte mit versteckten oder hohen Gebühren

  • Firmenbeteiligungen oder private Darlehen ohne Regulierung oder Sicherheiten

  • Krypto- oder Rohstoffangebote ohne reale Substanz oder Aufsicht

  • Exotische Anlagen wie Container, Edelmetalle in dubiosen Lagern oder hochspekulative Zertifikate

  • Vermögensverwaltungen ohne FINMA-Aufsicht oder ohne Ombudsstellen-Anschluss

  • Renditeversprechen über 5–7 Prozent garantiert – das gibt es schlicht nicht

Grundsatz

Wenn ein Angebot zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das leider fast immer.

Wie Sie seriöse Beratung erkennen – eine nützliche Checkliste

1. Der Anbieter ist reguliert

In der Schweiz müssen Finanzberaterinnen und Finanzberater bei einer anerkannten Ombudsstelle registriert sein (z. B. FINOS, FINSOM oder OFS). Institute, die Vermögensverwaltung anbieten, stehen zudem unter FINMA-Aufsicht. Fehlt ein offizieller Registereintrag, sollten Sie Abstand nehmen.

2. Keine Renditeversprechen

Seriöse Anbieter versprechen nie hohe oder risikolose Renditen. Sie sprechen über Wahrscheinlichkeiten, Risikoprofile und langfristige Marktentwicklungen.

3. Die Kosten sind vollständig transparent

Ein guter Anbieter legt klar und verständlich offen:

  • Depotkosten

  • Produktkosten (TER)

  • allfällige Verwaltungsgebühren

  • ob Kickbacks fliessen

  • ob Provisionen für den Verkauf bestimmter Produkte anfallen

Wenn Kosten unklar bleiben, ist das ein schlechtes Zeichen.

4. Die Beratung ist bedürfnisorientiert – nicht produktorientiert

Seriöse Finanzprofis stellen Fragen wie: "Wie lange muss Ihr Vermögen reichen?", "Welche Risiken können Sie tragen?", "Wie hoch soll Ihre Liquiditätsreserve sein?" oder "Welche Ziele haben Sie für Ihre Pension?". Unseriöse Berater springen direkt zu einem Produkt, ohne auf Ihre Bedürfnisse zu achten.

5. Es besteht kein Entscheidungsdruck

Sätze wie "Dieses Angebot gilt nur heute" oder "Sie müssen schnell handeln" sind klassische Warnsignale.
Gute Beraterinnen und Berater geben Ihnen Zeit, lassen Sie alles in Ruhe prüfen und händigen Dokumente aus, die Sie in Ruhe zu Hause studieren können.

6. Sie verstehen, worin Sie investieren

Seriöse Beratung bedeutet: klare Erklärungen in normaler Sprache. Wenn Sie ein Produkt nicht verständlich erklärt bekommen oder verstehen, nehmen Sie besser Abstand davon.

Warum professionelle Beratung sinnvoll ist

Finanzielle Entscheidungen rund um die Pension haben langjährige Auswirkungen. Es lohnt sich daher, bei grösseren Kapitalbezügen oder komplexen Fragen seriöse, gut regulierte Unterstützung einzubeziehen – egal ob bei einer Bank, einem unabhängigen Finanzplaner oder einer Vermögensverwaltung mit FINMA-Aufsicht.

Professionelle Beratung schützt nicht nur vor Verlusten durch unsichere Angebote, sondern auch davor, aus Angst oder Unsicherheit zu unvorteilhafte Entscheidungen zu treffen.

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