Wohnen im Alter: Warum neue Wohnformen jetzt Fahrt aufnehmen
veröffentlicht am 18. September 2025 in der Kategorie Wohnen
Die Schweiz altert – und mit ihr viele Wohnungsgrundrisse, steile Treppen und fehlende Lifte. Parallel wächst bei Best Agers der Wunsch nach Selbstständigkeit, Nachbarschaft und bezahlbaren Lösungen. Neue Wohnformen sind keine Nische mehr, sondern eine Antwort auf handfeste demografische und bauliche Realitäten. Wir geben Ihnen einen Überblick über das Thema.
Die Lage in Zahlen
Demografie: Laut Prognosen des Bundesamts für Statistik (BFS) wird bis 2035 rund jede vierte Person in der Schweiz 65 Jahre oder älter sein; die Zahl der 80+-Jährigen steigt auf über 800’000.
Gebäudealter und Barrieren: Laut einer 2025 publizierten Studie der Hochschule Luzern im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) wurden 63 % der Wohnungen, in denen Personen ab 76 Jahren leben, vor 1980 gebaut – also lange vor Einführung verbindlicher Barrierefrei-Standards. Damit steigt das Risiko für Stürze und Alltagsprobleme.
Umzugsverhalten: 2022 zogen nur 5.1% der Menschen ab 76 Jahren um. Rund die Hälfte wechselte direkt in Alters- oder Pflegeheime. Auf dem freien Wohnungsmarkt lag die Quote bei nur 2.5%. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung lag die jährliche Umzugsquote 2023 bei etwa 9.3%.
Alleinleben: Bei Seniorinnen und Senioren lebt ein grosser Teil allein: In der Altersgruppe 76–85 sind es fast die Hälfte der Frauen, ab 86 Jahren sogar zwei Drittel. Dieses Alleinleben ist mit höherem Risiko für Einsamkeit und Pflegebedürftigkeit verbunden.
Wir möchten alle möglichst lange zu Hause bleiben. Doch je älter die Gebäude und je kleiner das soziale Netz, desto grösser werden die Hürden dafür. Genau hier setzen neue Wohnformen an.
Barrierefreiheit ist Basis, nicht Luxus
Barrierefreies Bauen in der Schweiz orientiert sich an der Norm SIA 500 “Hindernisfreie Bauten“. Sie ist bei Neubauten und umfassenden Umbauten verbindlich, gilt jedoch nicht rückwirkend für Bestandsgebäude. Rampen statt Stufen, schwellenarme Duschen, ausreichende Bewegungsflächen und gute Beleuchtungen sind entscheidend, um Stürze zu vermeiden und den Alltag sicher zu gestalten. Eine Revision der Normen ist im Gange.
Welche Wohnformen gewinnen an Bedeutung?
1) Altersgerechte Mietwohnungen & “Service-Wohnen“
Kompakte, barrierefreie Wohnungen mit optionalen Services wie Spitex-Koordination, Notruf oder Gemeinschaftsraum. Der Vorteil: Sie können selbstständig wohnen und Unterstützung je nach Bedarf dazu buchen.
2) Genossenschaftliche Mehrgenerationenhäuser
Hier wäre ein Beispiel die “Giesserei“ Winterthur (GESEWO): Sie beinhaltet 155 Wohnungen unterschiedlicher Grösse, Joker-Zimmer, ein Restaurant, eine Bibliotheksfiliale, eine Arztpraxis – und ein aktives Nachbarschaftsnetz. So entsteht Alltagshilfe im Haus, etwa beim Pflanzen giessen oder bei digitalen Fragen. Allerdings sind solche Grossprojekte nicht überall realisierbar, da sie hohe Investitionen und ein breites Trägerspektrum erfordern.
3) Nachbarschafts-Konzepte
In solchen Quartieren kennen sich die Menschen, begegnen einander regelmässig und unterstützen sich gegenseitig. Für Best Ager bedeutet das mehr Sicherheit im Alltag, weil kleine Hilfen wie Einkäufe oder das Auswechseln einer Glühbirne schnell organisiert sind. Gleichzeitig sinkt die Gefahr von Einsamkeit, da Begegnungsorte und gemeinsame Aktivitäten soziale Kontakte ermöglichen.
4) Spezialisierte Quartierslösungen für Demenz
Das “Juradorf“ in Wiedlisbach ist ein Modellprojekt, das sichere Aussenräume und viel Bewegungsfreiheit für demenzkranke Menschen bietet. Es ermöglicht eine Teilhabe am Sozialleben trotz Orientierungsproblemen und entlastet Angehörige.
Was bremst den Wechsel und was sind mögliche Lösungen
Hürden
Altersgerechte Wohnungen sind rar, oft teurer als das bisherige Zuhause, und der Umzugsaufwand wirkt abschreckend.
Ein Umzug bedeutet mehr als Möbel transportieren. Umbauten müssen organisiert, Verträge angepasst, digitale Anschlüsse eingerichtet und manchmal sogar ein neuer Hausarzt gefunden werden – diese Aufgaben können schnell überfordern.
Die bisherige Wohnung ist voller Erinnerungen, Nachbarschaften sind über Jahre gewachsen. Diese vertrauten Bindungen loszulassen fällt besonders im hohen Alter schwer und hemmt die Entscheidung für einen Wohnungswechsel.
Lösungen
Wohnberatungen & Koordination von Dienstleistungen sollten schon vor kritischen Ereignissen wie einem Sturz oder Spitaleintritt stattfinden. Die BWO/HSLU-Studie empfiehlt gezielte Unterstützung in der aktuellen Wohnung und gut geplante Übergänge.
Oft reichen kleine bauliche Veränderungen, um die eigene Wohnung sicherer und bequemer zu machen – etwa Haltegriffe im Bad, bessere Beleuchtung im Flur oder eine schwellenarme Dusche.
Wohnbaugenossenschaften setzen zunehmend auf flexible Lösungen, die Veränderungen im Alter berücksichtigen. Dazu gehören sogenannte Joker-Zimmer oder Gästezimmer, die bei Bedarf temporär dazugemietet werden können, etwa wenn Angehörige zu Besuch kommen oder ein Pflegeaufenthalt überbrückt werden muss.
Gemeinden können den Verbleib im Quartier fördern, indem sie Quartierbüros, Treffpunkte oder Nachbarschaftsdienste anbieten. Ergänzt durch Mobilitätsangebote wie Quartiershuttles oder Fahrdienste bleibt der Zugang zu wichtigen Dienstleistungen, zum Hausarzt oder zu kulturellen Angeboten gewährleistet. Entscheidend ist dabei nicht nur die praktische Hilfe, sondern auch der soziale Anschluss.
Politik & Strategie: Rückenwind kommt
Das Thema Wohnen im Alter hat inzwischen auch die Bundespolitik erreicht. 2023 wurde im Parlament die Motion 23.3366 “Nationale Strategie für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderung” eingereicht. Das Ziel der Motion: eine schweizweit abgestimmte Strategie, die Bund, Kantone und Zivilgesellschaft einbindet. Der Bundesrat prüft derzeit die Umsetzung.
Daran erkennen Sie gute Angebote
Lage & Erreichbarkeit: ÖV-Anbindung, eine Arztpraxis und Apotheke sowie Einkaufsmöglichkeiten sollten in der Nähe und zu Fuss erreichbar sein.
Barrierefreiheit: Achten Sie auf einen stufenlosen Zugang, einen Lift, eine schwellenarme Dusche, Türbreiten von mehr als 80 cm sowie gute Beleuchtung.
Flexibler Service: Bietet das Angebot eine Anbindung an Spitex und Notrufsysteme? Diese Services sollten bei Bedarf gewählt werden können und nicht als Pflichpakete daherkommen.
Gemeinschaft: Achten Sie auf das Vorhandensein von Räumen für Begegnung, auf verschiedene Nachbarschaftsformate und Mitbestimmungsmöglichkeiten.
Vertrag & Kosten: Gute Angebote bieten Transparenz bei Miete, Nebenkosten, Serviceleistungen.
Vorausschau: Einfache Kündigungsfristen sowie das Angebot zur Unterstützung beim Einzug sollten vorhanden sein. Teilweise ist auch Probe-Wohnen möglich.
Der Bedarf an neuen Wohnformen wächst, weil demografischer Wandel, bauliche Defizite und soziale Bedürfnisse zusammenlaufen. Erfolgreiche Projekte verbinden Barrierefreiheit, Nachbarschaft und flexible Unterstützung – und werden dort möglich, wo Gemeinden und Träger die Rahmenbedingungen aktiv gestalten. Wer frühzeitig plant und Alternativen schafft, verhindert späte Not-Umzüge und erhält seine Selbstständigkeit. Wir hoffen, dass solche Modelle bald noch stärker Verbreitung finden – damit Best Agers in der ganzen Schweiz mehr Wahlfreiheit und Sicherheit beim Wohnen im Alter zur Verfügung steht.
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